Marokkos Weingeschichte ist älter und spannender als viele denken. Schon die Phönizier und Römer kultivierten Reben im fruchtbaren Norden des Landes. Auch unter islamischer Herrschaft kam der Weinbau nicht völlig zum Erliegen - vor allem in der heiligen Stadt Ouazzane und in der andalusisch geprägten Kultur des Westens wurden weiterhin Weine produziert.
Einen enormen Aufschwung erlebte die marokkanische Weinproduktion während der französischen Protektoratszeit (1912-1956), als das Land zum drittgrößten Weinexporteur der Welt aufstieg. Nach einem Einbruch in den 1970er Jahren wurde der Weinbau in den 1990er Jahren von König Hassan II. mit französischem Know-how, internationalen Investoren und einer ambitionierten Qualitätsstrategie neu belebt. Heute verfügt Marokko über 17 kontrollierte Herkunftsbezeichnungen (AOG), davon drei mit AOC-Status, und produziert jährlich rund 400.000 Hektoliter Wein - Tendenz steigend.
Das Terroir ist so vielfältig wie das Land selbst: Von den kühlen Höhen des Mittleren Atlas bei Meknès bis zu den vom Atlantik geprägten Weinbergen bei Essaouira entstehen Weine mit Charakter und Eleganz. Hauptrebsorten sind Cinsault, Carignan, Alicante Bouschet und Grenache - ergänzt durch internationale Sorten wie Syrah, Cabernet Sauvignon oder Chardonnay.
Ein besonderes Highlight ist der Vin Gris - ein heller, feinfruchtiger Rosé aus Grenache, der zu den Spezialitäten des Landes zählt und besonders gut zu den würzigen Gerichten des Orients passt.
Marokko ist heute eines der spannendsten Weinländer Afrikas und zweitgrößter Weinexporteur des Kontinents - traditionsreich, dynamisch und charakterstark. Zwischen uralten Weintraditionen und modernster Kellertechnik entstehen Weine mit unverwechselbarer Handschrift. Wer sich auf diese Welt einlässt, entdeckt weit mehr als edle Tropfen: Es ist ein sinnliches Eintauchen in Kultur, Landschaft und Handwerk. Immer mehr Genießer lassen sich davon inspirieren - sei es bei der Verkostung ausgewählter Weine oder bei einem persönlichen Besuch vor Ort.
Text und Foto: Dr. Susanne Geipert, www.aromalabor-suedpfalz.de